Weihnachten wirkt auf das Nervensystem wie ein emotionaler Verstärker – besonders bei hochsensiblen Frauen.
Das liegt nicht an mangelnder Dankbarkeit
und nicht daran, dass du „nicht loslassen kannst“.
Es liegt an drei neurobiologischen Mechanismen, über die kaum gesprochen wird:
Dein Nervensystem unterscheidet nicht zwischen damals und jetzt
Das Nervensystem speichert Erfahrungen nicht als Geschichten, sondern als Körperzustände.
Gerüche (Essen, Kerzen),
Musik,
bestimmte Stimmen oder Rituale
aktivieren unbewusst dieselben neuronalen Netzwerke wie früher.
Besonders bei Hochsensibilität ist diese Verknüpfung feiner, schneller und intensiver.
Das bedeutet: Nicht du grübelst dich in alte Gefühle hinein –
dein Körper erinnert sich automatisch.
Weihnachten zwingt Nähe – und Nähe aktiviert alte Schutzmuster
Aus traumasensibler Sicht ist Nähe nie neutral.
Für viele Frauen war Nähe früher verbunden mit:
emotionaler Unsicherheit
Anpassung
Überforderung
dem Gefühl, „funktionieren zu müssen“
An Weihnachten wird Nähe erwartet.
Nicht verhandelt – vorausgesetzt.
Das aktiviert alte Schutzstrategien: Rückzug, innere Anspannung, Traurigkeit oder Reizbarkeit.
Wichtig: Das sind keine Rückschritte,
sondern intelligente Reaktionen eines lernenden Systems.
Hochsensibilität verstärkt das, was ohnehin da ist
Ein weit verbreiteter Irrtum:
„Ich reagiere so stark, weil ich hochsensibel bin.“
Die Wahrheit ist subtiler – und entlastender:
Hochsensibilität verursacht keine Wunden.
Sie macht vorhandene emotionale Spuren spürbarer.
Hochsensible Frauen nehmen feine innere Veränderungen früher wahr.
Deshalb werden emotionale Spannungen an Feiertagen schneller bewusst.
Das ist keine Schwäche.
Das ist hohe Selbstwahrnehmung.
Was das für dich bedeutet – gerade an Weihnachten
Wenn du merkst, dass alte Gefühle auftauchen:
Du musst nichts analysieren
nichts „heilen“
nichts erklären
Manchmal reicht es zu wissen:
„Das ist mein Nervensystem – nicht mein Versagen.“
Allein dieses Verstehen senkt nachweislich die innere Alarmbereitschaft.
Ein wichtiger Übergang (und ein Missverständnis, das wir auflösen müssen)
Viele Frauen glauben an solchen Tagen:
„Mit mir stimmt etwas nicht.“
„Andere kommen doch auch klar.“
„Vielleicht bin ich einfach zu sensibel.“
Genau hier setzt mein neuer Artikel an:
„Was Hochsensibilität NICHT ist“
Denn Hochsensibilität ist:
keine emotionale Instabilität
keine Traumastörung
keine Überempfindlichkeit
kein Zeichen mangelnder Belastbarkeit
Diese Klarheit verändert, wie Frauen sich selbst lesen –
gerade in emotional aufgeladenen Zeiten wie Weihnachten.
Liebenswert-Gedanke zum Schluss
Weihnachten bringt nichts Neues hervor.
Es macht sichtbar, was schon da war.
Und manchmal ist das kein Mangel,
sondern eine Einladung zu mehr Selbstachtung.
Du bist nicht „zu viel“.
Du bist wach.
Gerade Frauen im Ausland erleben Weihnachten oft noch intensiver –
weil vertraute Rituale, Sprache und Nähe fehlen.
Wie sich das anfühlt und warum das nichts mit Undankbarkeit zu tun hat,
habe ich im Liebenswert-Abroad-Artikel über Weihnachten im Ausland beschrieben.
FAQ
Warum fühle ich mich an Weihnachten plötzlich wieder wie früher?
Weil dein Nervensystem zustandsabhängig erinnert.
Bestimmte Reize (Gerüche, Musik, Stimmen, Rituale) aktivieren gespeicherte Körperzustände aus früheren Lebensphasen.
Das passiert unwillkürlich – ohne bewusste Erinnerung.
Du fällst nicht „zurück“.
Dein Körper ruft vertraute Schutzmuster ab.
Ist das ein Zeichen von Trauma?
Nicht zwangsläufig.
Traumasensible Psychologie unterscheidet zwischen:
Trauma
emotionaler Prägung
unerfüllten Bindungsbedürfnissen
situativer Überforderung
Weihnachten kann alte emotionale Muster aktivieren, ohne dass eine Traumadiagnose vorliegt.
Nicht jede starke Reaktion ist Trauma.
Aber jede Reaktion verdient Verständnis.
Warum betrifft mich das stärker als andere?
Weil Hochsensibilität die Wahrnehmungsschwelle senkt, nicht die Stabilität.
Hochsensible Frauen:
nehmen innere Spannungen früher wahr
registrieren feine emotionale Verschiebungen
reagieren schneller auf Reizverdichtung
Du bist nicht instabil –
du bist sensibel reguliert.
Warum macht gerade Nähe an Weihnachten so viel Druck?
Nähe ist neurologisch nie neutral.
Wenn Nähe früher mit:
Anpassung, Leistungsdruck, emotionaler Unsicherheit, Überforderung
verknüpft war, reagiert das Nervensystem vorsorglich.
Das ist kein Beziehungsproblem. Das ist ein erlerntes Schutzsignal.
Warum hilft mir rationales Wissen an Weihnachten oft nicht?
Weil Weihnachten das emotionale Gehirn aktiviert – nicht den Verstand.
Logische Erklärungen greifen schlecht, wenn:
Bindungsthemen berührt werden, alte Gefühle hochkommen und das Nervensystem in Alarmbereitschaft geht. Entlastung entsteht eher durch Benennung, nicht durch Analyse.
Ist das typisch für Hochsensibilität?
Nein – und genau das ist wichtig.
Hochsensibilität ist:
keine emotionale Überreaktion, keine Unfähigkeit mit Gefühlen umzugehe und keine Ursache für alte Wunden. Sie macht nur sichtbar, was ohnehin da ist.
Genau deshalb ist es so wichtig zu verstehen,
was Hochsensibilität nicht ist – und was oft fälschlich ihr zugeschrieben wird.
Warum glaube ich an Weihnachten schneller, dass mit mir etwas nicht stimmt?
Weil Feiertage gesellschaftliche Normen verstärken:
„Jetzt müsstest du glücklich sein“
„Jetzt sollte alles gut sein“
„Jetzt darf nichts fehlen“
Dieser innere Vergleich erzeugt Scham –
nicht deine Gefühle selbst.
Was hilft mir konkret in solchen Momenten?
Nicht „positiv denken“.
Nicht „durchhalten“.
Sondern:
Gefühle benennen, ohne sie zu bewerten
innere Distanz zwischen Gefühl und Identität
sich erlauben, Weihnachten anders zu erleben
Manchmal ist Regulation leiser als jede Methode.
Geht das irgendwann weg?
Gefühle verschwinden nicht auf Knopfdruck.
Aber sie verlieren ihre Bedrohlichkeit, wenn sie verstanden werden.
Verstehen ist kein Umweg –
es ist der erste Schritt zur Entlastung.
🤍 Liebenswert-Einordnung zum Schluss
Weihnachten zeigt nicht,
dass du sensibel zu viel bist.
Es zeigt, dass dein System ehrlich reagiert.
Und genau darin liegt keine Schwäche –
sondern Integrität.
Autorin: Bettina Müller-Farné - Gründerin des Liebenswert-Magazins
Kommentar hinzufügen
Kommentare